Vorbereitung auf AT

In der Vergangenheit musste ich mich auf meine Wanderungen kaum vorbereitet. Ich bin nicht abseits der Zivilisation gelaufen. Ich habe eine Kreditkarte und was sollte schon passieren. Dieses Mal scheint es anders. Ich habe großen Respekt vor der langen Strecke. Meine größte Sorge ist es, dass meine Beine und meine Gelenke nicht durchhalten. Außerdem bin ich 50. In meiner Jugend konnte ich Tauben und Forellen mit der Hand fangen. Mittlerweile wehren sich zumindest die Tauben.

1. Gewicht

Je weniger Gewicht ich mit mir rumschleppe, desto größer ist die Chance, dass ich es schaffe. Nach meinem ersten Versuch den Olavsweg zu gehen, habe ich ein Foto von den Dingen gemacht, die ich mithatte. Da war mein Schienbein schon ruiniert (Split Shin). Das bedeutet: Was auf dem Foto zu sehen ist, ist zu viel oder zu schwer.

Für die Wanderung auf dem Appalachen Trail kommen ein Zelt, Kochgeschirr, Kocher (gestrichen 17.03) und Lebensmittel für drei bis fünf Tage hinzu.

Ich musste Geld in meine Ausrüstung investieren. Wandern ist nicht billiger als ein all-inclusive-Urlaub. Durch Neuanschaffungen habe ich das Gewicht der Dinge auf dem Foto um etwa ein Kilo reduzieren können. Das meiste Gewicht konnte ich beim Rucksack sparen und der ist auf dem Foto nicht einmal zu sehen.

Die Gewichtseinsparung durch optimierte Produkte ist also lächerlich gering! Weglassen ist die einzige Option! Was also kann ich weglassen?

Ich gehöre eigentlich zu den Vertretern, die ihren Zahnbürstengriff absägen. Das spart dann was? 5 Gramm. Das reicht diesmal auch nicht. Ich habe daher in den letzten Monaten neun Kilo abgenommen. Das entspricht 1800 Zahnbürstengriffen und dem Gewicht meines gepackten Rucksacks ohne Essen und Wasser.

2. Fittnes

Ich bin fitter geworden. Geschafft habe ich das mit der 1% Methode, die besagt, dass man Ziele durch Veränderung von Gewohnheiten erreicht. Beschrieben wird die 1% Methode in dem gleichnamigen Buch von James Clears. Dabei erfolgt die Veränderung kontinuierlich, in kleinen Schritten und durch Anbindung an bereits bestehende Gewohnheiten. Ich habe im letzten Sommer mit 10 Kniebeugen, 5 Sit-ups und 3 Liegestützen begonnen (mehr war nicht drin). Ich mache die jeden Morgen (neue Gewohnheit), wenn ich ins Badezimmer komme (alte Gewohnheit). Ich bin jetzt bei je 30.

3. Kälte in der Nacht

Ich habe gefroren wie ein Schneider, als ich während meiner Wanderung von Kiel nach Krakau auf dem Jeschken in meinem dünnen Schlafsack draußen geschlafen habe. Den Schlafsack hatte ich nur mit, um in Hütten ohne Bettzeug nicht im Dreck meiner Vorgänger liegen zu müssen.

Gegen die Kälte auf dem Jeschken hatte ich mir große Kartons aus einem Papiermüllcontainer geangelt. In die bin ich hineingekrochen. Auch das hat nichts genutzt. Drei Stunden Schlaf max., verteilt auf sechs oder sieben Stunden Nacht. Erkenntnis: Nie wieder!

Am 21. März gehe ich los. Im März kann es Schnee und Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes geben. Auf dem Jeschken war ich im Juli!

In den letzten drei Wochen habe ich im Garten geübt. Vier mal bin ich nachts frierend aufgewacht und reingegangen.

Bis ich die richtige Luftmatratze, die richtige Schlafmütze, den richtigen Schlafanzug gefunden hatte, hat es gedauert. Geholfen hat schließlich die lange Unterhose…

Ich liebe meine englischen Schlafanzüge. Ich bügele die ernsthaft. Ich finde mich chic darin, gefalle mir und hoffe zu gefallen und dann finde ich mich in einer unisex Strumpfhose wieder. Karl Lagerfeld hätte sich entsetzt abgewendet. Damit gehe ich nur raus, wenn’s dunkel ist.

4. Unterkunft und Transport

Ich habe sehr rechtzeitig den Flug gesucht und zu spät gebucht. Außerdem habe ich die Hotels in Amsterdam, Atlanta und im Amicalola State Park klar gemacht. Im Amicalola State Park beginnt der Appalachen Trail.

Auf der Suche nach einer Möglichkeit vom Flughafen zum Trail zu gelangen, bin ich auf folgendes im Internet gestoßen:

„If you want to hike the Appalachian Trail, […] you’ll need […] to get from the Atlanta airport to the trail. […] You’ll want to call Ron Brown. […] He’s the angel of the southern terminus of the Appalachian Trail. You can reach him on his cell at […] This man deserves all the business you can give him. He’s a true gem.“

Ich habe Ron angerufen. Kurz danach hatten wir diesen Chat bei WhatsApp:

Hi Leo, this is Ron. My wife said that she would be able to come down and pick you up from the rental car office at the airport in order to get you up here before they close I would suggest probably around 12:30 will that work for u?“

„Hi Ron, that sounds fantastic. I confirm that I’ll be waiting at the car rental on March 20th.“

OK thank you let me know when you’re ready to book a reservation.“

„Ready“

The cost is $120 total Pickup 3/20@12:30pm Airport Car Rental to Amicalola Visitor Center. I have made u a reservation would u like to pay with a credit card or PayPal?“

Das waren gleich drei Lektionen an praktisch- kommerzieller Intelligenz, die ich gelernt habe.

1.) Ich habe der Influenzerin, die Ron empfohlen hat gänzlich unkritisch geglaubt. Genau so werde ich schreiben, wenn ich erst Influenzer bin. 😀

2.) … when you’re ready to book a reservation, heißt: Wie willst du zahlen? Oder deutlicher: Schieb die Kohle rüber.

3.) Ich brauche Paypal. Und in meinem Onlineshop muss ich das neben der Kreditkarte als Zahlungsmethode anbieten.

Ach ja, ich habe Ron natürlich gebucht.

(Nachtrag 24.03.24: Es gibt hier in den Unterkünften oder auch schon im Visiter Center des Amicalola State Parks Listen mit Fahrern, die ihre Dienste anbieten. Ron mit R steht auf jeder dieser Listen ganz oben. Und wen ruft man an, wenn man abgeholt werden will? Ich bewundere Geschftsleute, die so etwas schaffen und wenn es der Taxifahrer vom Berg ist.)

5. Etappenplanung

Ich habe die Etappen nicht geplant. Es wird sowieso ganz anders kommen. Beispiel nachstehend:

„The lower portion of the Appalachian Trail (A.T.) Approach Trail in Amicalola Falls State Park will be closed for several months starting on November 20 for construction.“

6. Fazit

Ich kann Tauben und Forellen nicht mehr mit der Hand fangen. Ich werde den Weg dennoch schaffen.


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