Warum Appalachen?

Mit „Picknick mit Bären“ hat es angefangen. Ich habe den Film 2015 gesehen und wollte sofort los.

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Auch wenn meine Frau großes Verständnis für die Eskapaden ihres Mannes zeigt, ließen sich weder Ehe und Familie noch Beruf mit sechs Monaten Abwesenheit vereinbaren. Damals waren meine Kinder acht und sieben Jahre alt.

Heute glaube ich, dass ich 2015 keine Chance gehabt hätte, den Weg zu schaffen. Ich hatte eine sehr romantisierte Vorstellung davon, wie es wohl werden würde. Im Kino ist der Schnee nicht kalt und der Regen nicht nass.

Mittlerweile haben sich meine Kinder entschieden, ihre Schulkarriere auf einem englischen Internat zu beenden und sind aus dem Haus. (Wir dachten immer, dass wir gute Eltern seien. Beide Kinder sind ganz von allein gegangen.)

In meiner Firma habe ich in den letzten Jahren alles umgesetzt, was ich in unzähligen Büchern über Delegation und Empowerment gelesen und gelernt hatte. Und auch wenn ich sie nicht besitze, so habe ich heute sehr gute Leute. Für den weiteren Erfolg des Unternehmens werde ich derzeit nicht täglich gebraucht.

Vielleicht auch deshalb stecke ich jetzt in einer ernsthaften Sinnkriese. Mir sind einfach die Aufgaben ausgegangen und ich habe ein bisschen die Orientierung verloren, weil die klaren Zielvorgaben, Karriere und Kinder groß ziehen, entfallen sind.

Wäre ich erst heute auf die Idee gekommen, loszugehen, wäre es die spinnerte Idee eines gelangweilten Mannes. Zum Glück hege ich den Wunsch seit vielen Jahren. Und so kann ich es – mir gegenüber – als die Verwirklichung eines Traumes verkaufen.

Ich habe immer noch Sorge, es nicht zu schaffen. In der Vergangenheit musste ich schon die ein oder andere Wanderung abbrechen, weil mein Körper einfach nicht durchgehalten hat. Ein frühes Ende wäre nicht nur bedauerlich, es wäre mir dieses Mal auch peinlich. Ich will doch noch jung sein. 😂

Außerdem hasse ich es zu Zelten. Mir wird ganz anders, wenn ich daran denke, dass ich verschwitzt in meinen Schlafsack kriechen muss. Auf dem Appalachen Weg führt am Zelten kein Weg vorbei – in den ersten Wochen bei winterlicher Kälte. Später, im Sommer, kommen die Mücken und Bremsen und werden mich fressen. Juhu, was für ein Spaß.

Warum dennoch? Wie die meisten werde ich von Süden nach Norden wandern. Ich hoffe auf junge und auf erfolgreiche Amerikaner zu treffen, die in vielen Dingen eine praktisch-kommerzielle Intelligenz haben, die mir als Mitteleuropäer abgeht.

Ich gehe dahin, um etwas zu lernen. Wenn ich wiederkomme, will ich meine Kinder in Hinblick auf Digitalisierung wenigstens für eine Woche eingeholt haben. Wenn ich wiederkomme, soll der Onlineshop stehen, mit dem ich eine neue Produktgruppe vertreiben will. Wenn ich wiederkomme, werde ich Italienisch sprechen.

Gut, nicht die klassischen Erwartungen an einer Fernwanderung. Aber das hier ist mein Blog und meine Wanderung und da kann ich tun und lassen, was ich will, sechs Monate lang!

Diese Wanderung wird anders. Diese Wanderung wird ein Abenteuer. Heute bin ich trotz Sorgen hoffnungsfroh. In drei Wochen geht es los.


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